Leserbrief im aktuell
‘Informationen aus und ueber Berlin’
Juni 2010/ Nr 85
Als alter, und passionierter, Berliner, der immer Weihnachten, und manchmal auch Sommerwochen, in Berlin verbringt, entdeckte ich im Berlin Geschaeft, Unter den Linden, das Langenscheidt "LILLIPUT BERLINERISCH". Ich war ganz verwundert, fasziniert, das Berlinern ne legitime 'Sprache' ist! Und ich konnte die Ausdruecke, die Ausprache, in den Stimmen meiner Eltern hoeren, waren mir aus der Kindheit bekannt... (Ich kaufte am Ende so 20+ von den Liliput Buechlein, um meinen Freunden in Berlin Berlinerisch beizubringen!) Aus Nostalgie und aus Sprachinteresse - das kriegt man wenn man in 2 - 3 Sprachen lebt! - ging ich zu Dussmann, hoffte ein groesseres, all-umfassendes, ein 'Goliath', Langenscheidt Berlinerisches Woerterbuch zu finden, aber das gab es nicht. Ich fand aber fuenf weitere berlinerische Woerterbuecher, und unter denen war DER BERLINER JARGON von Jan Eik. Und da stellte sich etwas, fuer mich persoenlich, ganz Wesentliches heraus. Ich entdeckte, dass ich nicht Hochdeutsch spreche, sondern Berlinerisch! Mit 87 1/2 wurde mir bewiesen dass ich wuerklich (!) ein Berliner bin! Ich hatte schon laenger eine Frage, warum mein bester Freund in Berlin, Akademiker, Kaese mit 'ae' auspricht, was fuer mich pedantisch klingt, wie Theatersprache, und ich Kese sage. Und heute habe ich die Antwort! Mein Freund hat mich auch zurechtgewiesen, weil ich Savignyplatz falsch ausspreche, weil ich die zweite Silbe betone - meine Pension ist die Bleibtreustrasse runter - dass bei Herrn Savigny die erste Silbe betont wird. Und da steht in Jan Eiks Buch dass die Berliner Savignyplatz sagen. Wie ich. Und dann ertappte ich mich auch mit 'siemte', 'Kuerche', 'orntlich', 'ebm' - ich gehe nicht so weit dass ich ebent sage! - Und ich sage Balkong. und ich sage Sonnahmt. Und es stoert mich jedesmal wenn ich es sehe, oder hoere, dass man in Stadt Mitte faehrt, anstatt in die Stadt. Das WAR doch die Stadt Berlin, wie die City of London, und ich wohne in Westminster, westlich von der City, wie Charlottenburg. Als mein Grossvater an den Kurfuerstendamm zog, um 1900, hatte er auf der Visitenkarte einen Stadtplan, denn das war damals jwd... janz weit draussen... Durch mein 'Studium' kommen mir Woerter in den Sinn, Ausdruecke, und ich weiss gar nicht ob sie existieren. Zwei derer: Vermaledeit. Drei Kaese hoch...
Das Leben ist voller Ironie, denn als ehemaliger Schauspieler, Regisseur, und Lehrer an Theaterschulen in meiner zweiten Heimat, spreche ich bestes Theater Englisch, und kein Cockney!!!
Peter Zander
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